Kein Wunder, dass sich Jeep mit dem neuen Cherokee Europa annähert. Schließlich ist die Mutter Italienerin. Bei Fiat hat die Marke eine neue Heimat gefunden und damit auch familiäre Pflichten übernommen. Die ur-amerikanische, ursprünglich grob geschnitzte Auto-Ikone hatte bisher schon mit ihrer spröden Mischung aus Jeep-Historie und Komfort nach Art der Amerikaner auch diesseits des Atlantiks viele Freunde gewonnen. Die Gene der Mutter fügen nun einen Hauch Alte Welt und die europäischen Erwartungen an ein Auto dazu. Die Multikulti-Mischung soll den Jeep Cherokee als jüngstes Modell der Familie nun auf Augenhöhe mit einem BMW X3 und einem Mercedes-Benz GLK heben.
So gesehen, tritt jetzt der Cherokee zusammen mit seinem größeren Bruder Grand Cherokee an, sich und den Seinen eine neue Heimat zu erobern, in der zur Fan-Gemeinde neue Freunde kommen sollen. 2013 wurden in Deutschland kanpp 7000 Jeep neu zugelassen. In diesem Jahr soll am Ende eine fünfstellige Zahl stehen. Mii den Preisen entwickelt Jeep jedenfalls Rückenwind. Die Skala beginnt bei 38 000 Euro für die Einstiegsversion „Longitude“ und endet bei rund 48 000 Euro ,für die Edel-Version „Limited“ oder „Trail Hawk“, den Jeep mit der Lizenz zum Bergsteigen. Die Preise liegen damit um rund 15 Prozent unter dem Niveau des ins Auge gefassten Wettbewerbs.
Dem Wettbewerb begegnet er mit einem typischen Jeep-Gesicht. Allerdings mussten sich die charakteristischen sieben, bisher senkrecht stehenden Lufteinlässe in der Front sich mit einem Knick dem Fahrtwind beugen. Für die Scheinwerfer fand Jeep eine originelle Lösung: Die Schlitzaugen, in denen man sie vermutet, beherbergen nur das LED-Tagfahrlicht und die Blinkereinheit. Die Scheinwerfer selbst verstecken sich fast in der Frontschürze. Die noch tiefer sitzenden Nebelscheinwerfer akzentuieren die Front und geben ihr Breite.
In der Seitenansicht betonen die typisch rautenförmigen ausgestellten Radhäuser die Jeep-Geschichte. Die Seite selbst wirkt mit ihrem Wechsel aus klaren Linien und gewölbten Flächen wie aus dieser Zeit, in der ebene Flächen nicht mehr gefragt sind, weil das Lichtspiel fehlt, mit dem die Designer so gern umgehen. In der Silhouette passt auch der Cherokee in die SUV-Landschaft, nur wirkt er gestreckter und weniger traditionell. Manche alten Freunde der Familie mögen das bedauern und Zeit brauchen, um sich mit der neuen Eleganz anzufreunden.
Ganz europäisch gibt sich der Cherokee bei den Motoren. Für das Basismodell Longitude und das deutlich besser ausgestattete Limited-Version wird ein Zwei-Liter-Diesel mit wahlweise 105 kW / 140 oder 120 kW / 170 PS angeboten. Den Pentastar-Sechszylinder-Benziner mit 200 kW / 272 PS wird es nur in die Version Trail Hawk geben.
Für den Antrieb stehen drei Versionen zur Wahl. Es beginnt mit dem Frontantrieb, den sich der Geländeexperte Jeep in Europa leistet. Beim Allradantrieb „Jeep Active Drive“ stehen zwei Ausbaustufen zur Wahl, bei der die Stufe II (Jeep Active Drive Lock) im Trail Hawk den Beweis antreten ssoll, dass der Jeep der beste Geländewagen der Welt sei. Wir halten das für möglich, obwohl wir auch von anderen solche Superlative kennen. Das Offroad-Gelände auf dem Balocco-Testgelände in der Nähe von Mailand hat den Cherokee jedenfalls nicht an seine Grenzen geführt. Dabei half ihm sein „Selec-Terrain“-System mit den vier Fahrmodi „Auto“, „Snow“, „Sport“ und „Sand/Mud“.
Auf den Straßen rund um Balocco fanden wir den Fahrmodus „Sport“ am angenehmsten. Mit ihm reagiert das Auto schneller, kraftvoller und straffer als im Auto-Modus. Mit seinen 170 PS fühlt sich der Cherokee damit auf den Landstraßen sogar flotter an, als die von Jeep angegebene Zeitspanne von 10,3 Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h oder das stolze Leergewicht von rund zwei Tonnen erwarten lassen. Dabei leistet die Neun-Gang-Automatik – eine Lizenz des deutschen Zulieferers ZF – gute, sanfte und schnelle Arbeit.
Die neue Innenraumgestaltung folgt dem Vorbild des Grand Cherokee mit voluminösen, bequemen Sitzen auf vier Plätzen, alle mit sportlichen Konturen und in Leder. Mit guten Materialien und Details wie der bespannten Armaturentafel entsteht eine wertige Anmutung. Die Rücksitzbank lässt sich verschieben, ihre Neigung verstellen. So kann man wahlweise den Passagieren oder dem Gepäck mehr Raum verschaffen. Braucht man viel für Ladung, lassen sich die Lehnen im Verhältnis 60:40 umklappen und so ein großer Laderaum schaffen. Raum für kleine Teile findet sich an vielen Stellen.
Eine Menge Raum räumt Jeep auch den Sicherheitssystemen an Bord ein. Um seine fünf Sterne beim Euro NCAP zu erhalten, reicht heute der vorbildlich überstandene Crashtest nicht mehr aus. Es müssen auch die passenden Fahrer-Assistenzsysteme an Bord sein. Beim Jeep Cherokee Limited sind das außer dem ESP mit der Überschlagverhinderung eine Kollisionswarnung mit Aufprallvermeidung, die automatische Abstandsregelung mit Stopp&Go-Funktion, der Spurhalte-Assistent, der Totwinkelwarner und ein System, das Querbewegungen hinter dem Fahrzeug detektiert. Automatisch einparken kann er ebenfalls – längs und quer. Auch an elektronischen Helferlein für Komfort, Sicherheit, Unterhaltung und Kommunikation herrscht kein Mangel. Die Spitze bildet dabei das von Harman entwickelte „Uconnect“-System mit Navigation, Audio, Anschlussmöglichkeiten für externe Geräte, Bluetooth mit Schalter-, Sprach- oder Touchscreen-Bedienung auf dem großen zentralen Bildschirm mit einer Diagonale von 21,3 Zentimetern.
Integration gelungen – könnte man zusammenfassen – und das nicht nur bei der Bordelektronik. Beim Jeep Cherokee wird das Bemühen erkennbar, sich in der Welt der normalen SUV eine neue Heimat zu schaffen. Er hat sich an die Erwartungen des Marktes angepasst, ohne sich zu assimilieren. Sein Dialekt klingt immer noch nach Jeep. (ampnet/Sm)
Daten Jeep Cherokee 2.0 4×4 DSG Limited
Länge x Breite x Höhe (m): 4,62 x 1,86 x 1,67 (inklusive Reling)
Motor: R4-Diesel, 1956 ccm, Multijet II, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 125 kW / 170 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 350 Nm bei 1750 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 192 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 10,3 Sek.
Verbrauch (nach EU-Norm): 5,8 Liter
CO2-Emissionen: 154 g/km (Euro 5+)
Effizienzklasse: B
Leergewicht / Zuladung: 1953 kg / max. 522 kg
Kofferraumvolumen: 412 – 500 Liter (verschiebbare Rücksitzbank), erweiterbar auf 1276 Liter
Max. Anhängelast: 2475 kg
Wendekreis: 11,6 m
Räder / Reifen: 7,0 J x 18 / 225/55 R 18
Luftwiderstandsbeiwert: 0,34
Basispreis: 45 500 Euro