Fiat hat viel vor, nicht weniger als einen neuen Anfang. Am Beginn der neuen Ära steht der Fiat 500 X, ein Crossover und Mitglied der 500er-Familie. Erobern soll er, Marktanteile zurückholen. Fiat will zur alten Größe zurück und beginnt dort, wo die Marke traditionell stark ist – bei den Kleinen und ihren größeren Derivaten. Beim 500X zeigt sich das Management sicher, den richtigen Schritt getan zu haben.
Bei der Präsentation des Fiat 500X auf dem Versuchsgelände in Balocco in der Nähe von Turin fielen große Worte: „Wir haben jetzt das Auto, von dem wir träumten. Wir haben also keine Entschuldigung mehr.“ So viel Zuversicht verdient Respekt. Das Unternehmen packt eine schwere Bürde auf die breiten Schultern des Crossover.
Mit seiner Länge von 4,28 Metern und der Breite von 1,80 Metern sieht das Management den Fiat 500X sogar schon als den Versuch, ins B- und C-Segment vorzurücken. Dabei will man sich nicht über den Preis profilieren, sondern über das Design mit deutlichen Anklängen an den erfolgreichen Fiat 500, mit viel Substanz bei der Ausstattung und Varibialität und bei der Technik. Der 500X ist das zweite Fahrzeug des neu geformten Konzerns auf einer komplett neuen Plattform.
Als erster kam der Jeep Renegade in den Genuss der neuen Technik, der ebenfalls in Italien produziert wird. Der liegt im Preisniveau ein wenig höher als der 500X, der in seiner Einstiegsversion Pop mit Frontantrieb und 1,6-Liter-Benziner für 16 950 Euro in der Preisliste stehen wird. Eine Web-Edition mit aufgewerteter Ausstattung kann jetzt schon im Internet für 16 750 Euro bestellt werden. Vom Februar 2015 an steht der 500X dann bei den deutschen Händler, zunächst mit drei Motoren zur Wahl, später mit dem kompletten Programm: drei Diesel und drei Benziner.
Angeboten werden zwei Versionen: eine mit Frontantrieb in den drei Varinaten Pop, Pop Star und Lounge für die Stadt und der Allrader 500X 4×4 in den Varianten Cross und Cross Plus. Ein Cross Plus mit dem neuen Neun-Gang-Automaten bildet mit 31 400 Euro das obere Ende der Preisskala. Die Cross-Modelle unterscheiden sich deutlich von der urbanen Version mit großen Stoßfängern und Unterfahrschutz vorne und hinten, einem umlaufenden schwarzen Schweller und einer Dachreling.
Wir fuhren jetzt einen solchen Cross Plus mit dem Neun-Gang-Automaten. Der Innenraum bietet vier Personen gut Platz, wobei die Kopffreiheit mehr imponiert als die Innenraumbreite, denn das Greenhouse ruht zwar auf breiten Schultern, ist aber stark eingezogen. Der Kofferraum reicht gut aus und kann vergrößert werden, indem man den Kofferraumboden herausnimmt, der sonst einen großen „Keller“ abdeckt. Die Rücksitzlehnen können getrennt umgelegt werden und bilden dann einen großen Laderaum, leider mit Kante. Im Innenraumfinden sich viele Ablagen für Flaschen und einige Utensilien. Für einen 500er ungewöhnlich: Es gibt nicht nur eines, sondern gleich zwei Handschuhfächer.
Die Armaturentafel bemüht sich mit Staffelung der Elemente und vielen Rundungen um einen besonders jungen Auftritt, der noch unterstrichen wird, wenn man das querlaufende Zierteil farbig wählt. Die drei Rundinstrumente stecken unter Tuben nach der Art des klassischen 500ers. Dem Vorbild folgen auch die anderen Bedienlelement. Die Zahl ist gering; sie sind intuitiv bedien- und gut erreichbar. Der Bildschirm liegt auf Blickhöhe und ermöglicht die Verwendung der Tom-Tom-Navigation und der Vernetzung nach dem U-Connect-System des Hauses. Wer will kann auch hier „allways on“ sein.
Die Kopfstützen sind rund und folgen damit ebenfalls dem Beispiel des 500. Die Sitze selbst sind recht klein und straff gepolstert, schaffen aber einen ausreichenden Seitenhalt. Sie sind für einen Crossover ungewöhnlich niedrig angebracht, sodass die Sitzposition der in einer Limousine entspricht. Wegen der Bodenfreiheit von 180 Millimetern, sitzt man aber dennoch leicht erhöht, wenn man den hohen Schweller überstiegen hat.
Fürs Fahren bietet Fiat beim 500X drei Programme an: Auto, Sport und Gelände/Winter. Die führen zu deutlich unterschiedlichem Charakter bei Motor, Getriebe und Lenkung. Unser Zwei-Liter-Diesel war in allen drei Versionen deutlich zu vernehmen, natürlich im Sport-Modus am meisten, weil dann höhere Drehzahlen anfallen.
Die Lenkung und die Kurvenwilligkeit lassen keinen Wunsch übrig. Vielleicht würde die Einheit von Fahrwerk und Lenkung noch besser gefallen, wenn nicht die Vibration des Diesels im Lenkrad zu spüren wären. Die Aerodynamik mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,34 sorgt sicher auch für niedrige Windgeräusche, die wären auf unserer Tour von Turon nach Balocco aber in jedem Fall von den Abrollgeräuschen übertönt worden.
Da der Fiat 500X erst im Februar nach Deutschland kommt, kann man wohl davon ausgehen, dass wir Vorserienfahrzeuge fuhren. Es gibt also noch Chancen für Feinschliff. Vielleicht kann man bei der Gelegenheit auch die Fahrwerksabstimmung weniger hart wählen. Schließlich hieß es bei der Pressekonferenz aus berufendem Fiat-Mund: „Der X verkörpert gut, in welche Richtung wir gehen wollen.“
Wir werden sehen und trinken erst einmal einen Mokka, Entschuldigung – einen Espresso.
Von Peter Schwerdtmann (ampnet/Sm) Fotos: Auto-Medienportal.Net/Fiat