Allzu viele positive Ergebnisse kann die gegenwärtige französische Regierung nicht vermelden. Nicht wenige Analysen gehen davon aus, dass die gegenwärtigen Probleme in Italien (vor allem) und in Spanien – Griechenland, Portugal und Irland wegen der im Prinzip wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit mal ausgenommen – nur ein Klacks sind, wenn unser Nachbar unter den ESM-Rettungsschirm flüchten muss. Eines ist der französischen Regierung nach wie vor aber eigen: Trickreichtum.
Im inzwischen bizarren Klimaanlagen-Kühlmittel-Kampf gegen Daimler – angesichts der gewaltigen wirtschaftlichen Probleme im eigenen Land eigentlich noch nicht einmal eine Fußnote – beharrt die Regierung trotz eines Urteils des Verwaltungsgerichtes in Versailles auf dem Zulassungsstopp für die Modelle der A-B. und SL-Klasse von Mercedes. Grund: Die Verwendung des in der EU bei Neuwagen inzwischen verbotenen Kältemittels R134a.
Begründung des federführenden Umweltministeriums, die praktisch das Versailler Gericht geliefert hat: Man habe jetzt eine Schutzklausel einer EU-Richtlinie aus 2007 aktiviert, mit der trotz EU-weiter Freigabe die Zulassung von Fahrzeugen etwa wegen Gefahren für die Umwelt verweigert werden könne.
Nun war sicherlich auch Mercedes sehr trickreich, in dem sie die betroffenen Fahrzeuge nachträglich beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg die neue Zertifizierung nachträglich in eine „erweiterte“ umwandeln ließ. Wir sich das mit dem Statement von Daimler-Boss Zetsche bei der Vorstellung der A-Klasse: „Jede Schraube ist neu“ verträgt, muss in Stuttgart ausgetragen werden. Aber immerhin haben der TÜV Süd und das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg mitgespielt und damit ist eigentlich die EU-weite Zulassung gegeben. Ob zu Recht, bleibt mal dahin gestellt.
Offiziell ist das aber nun mal Recht. Das französische Umweltministerium ignoriert also EU-Recht, versucht aber gleichzeitig von der EU zu profitieren. Ob das gelingt, hängt jetzt von Brüssel ab, denn die fragliche Rahmenrichtlinie kann eigentlich nur angewendet werden, wenn ein erhebliches Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr oder eine ernsthafte Gefährdung für Umwelt und Gesundheit ausgeht. Wird diese Auslegung des französischen Umweltministeriums akzeptiert, müsste die EU darauf drängen, dass mehr als 90 Prozent aller alten wie neuen Fahrzeuge sofort stillgelegt werden. Denn zumindest bis Ende 2016 darf das alte Kältemittel noch offiziell verwendet werden. Haben wir den 1. April?
Bei der gegenwärtigen französischen Begründung für eine weiter bestehende Nichtzulassung von einigen Mercedes-Modellen hat also Daimler eigentlich die besseren Karten. Doch bekanntlich sind Recht haben und Recht bekommen zwei Paar verschiedene Schuhe. Könnte auch damit zusammenhängen, dass sich Brüssel und Mercedes nicht besonders gut vertragen und vielleicht auch Frankreich darauf hofft, bei Willfährigkeit Pluspunkte bei der EU sammeln zu können. Wird doch auch darauf spekuliert, dass Frankreich auf finanzielle Hilfen der europäischen Steuerzahler hofft, ohne sich unter das Joch des EMS-Rettungsschirms begeben zu müssen. Sicherlich Spekulation, doch wer so trickreich ist…. Hans H. Grassmann/Auto-Reporter.NET