Kommentar: Pferde würden das missverstehen

Deutlich angehobene Bußgelder für Fehlverhalten im Straßenverkehr, wie für 2013 geplant, sind nicht etwa Ausdruck von Hilflosigkeit gegenüber zunehmender Undiszipliniertheit von Verkehrsteilnehmern. Solche Behauptung stünde schließlich in direktem Widerspruch zur statistisch untermauerten Erkenntnis abnehmender Unfallzahlen.

Kommentar von Wolfram Riedel über das neue Bußgeldkatalog

Wolfram Riedel. Foto: Auto-Reporter.NET

Gerade geht eine Meldung durch die Medien, dass es 2012 in Deutschland voraussichtlich weniger Verkehrsunfälle als im Jahr zuvor 2011 geben werde. Sogar ein anhaltender Trend in diese Richtung ist bereits ausgemacht worden. Ein Forschungsprojekt der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat den „Prognosehorizont“ der Jahre 2015 und 2020 wissenschaftlich abgetastet. Von den dabei gewonnenen Erkenntnissen ist die Erwartung abgeleitet worden, dass es gegenüber dem Vergleichsjahr 2006 in Deutschland einen „deutlichen Rückgang der Unfall- und Verunglücktenzahlen“ geben werde. Auch präzise Zahlen schicken die Prognostiker an die beruhigende Argumentationsfront. „Bei den Schwerverletzten ist mit einer Halbierung auf etwa 37.000 Personen zu rechnen.“ Oder: „Für 2015 werden etwa 279.00 Unfälle mit Personenschaden berechnet. Dies entspricht einem Rückgang von etwa 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2006.“ Und an anderer Stelle heißt es: „Für das Jahr 2020 ergaben sich 2345.000 Unfälle, was einen Rückgang von 29 Prozent bedeutet.“

Obwohl einigermaßen rätselhaft bleibt, worauf sich solche zahlenschwangeren Schlussfolgerungen stützen, wirkt der von der BASt erforschte „Prognosehorizont“ nicht beunruhigend. Eine drastische Erhöhung der Bußgelder rechtfertigt die vorausgesagte Entwicklung der Unfallzahlen jedenfalls nicht. Doch es heißt ja, ein neuer, von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer für 2013 angekündigter Bußgeldkatalog werde mit den Bundesländern noch abgestimmt.

Grundsätzlich dürfte es – wieder einmal – nicht zuletzt auch darum gehen, die liebgewonnene, seit Jahren eingeplante Einnahmequelle der Bußgelder nicht versanden zu lassen. Solche Überlegung scheint immer mit Regie zu führen: Hat um sich greifende Artigkeit der Verkehrsteilnehmer, siehe „Prognosehorizont“, abnehmende Bußgeld-Erlöse zu Folge, sind zum Ausgleich eben die Bußgeldsätze anzuheben.

Beeindruckend ist diesmal, wie buchhalterisch übersichtlich die beabsichtigte Erhöhung der Bußgeldsätze gestaltet wurde. 70 Euro statt bisher 40, 80 Euro statt bisher 50, und auch die Knöllchen-Buße wird einfach verdoppelt. Durchgängiges Prinzip: Gepfefferter Zuschläge und stets schöne runde Summen. Als Grundsatz-Devise scheint gegolten zu haben, nicht einmal, sondern besser gleich dreimal einschüchternd laut mit der Peitsche zu knallen! Pferde würden das missverstehen. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)

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Ein Gedanke zu „Kommentar: Pferde würden das missverstehen“

  1. Hallo Herr Riedel,

    da sich innerhalb der frommen Gesellschaft der Kraftfahrer nahezu kein schwarzes Schäfchen befindet, gibt es doch keinen ernstzunehmenden Grund die Änderungen des Bußgeldkataloges zu kritisieren.
    Oh, dass die gierigen Kommunen den ohnehin so arg gebeutelten Autofahrern lediglich das Geld aus der Tasche ziehen wollen – ja, das ist in der Tat verwerflich. Aber wie bereits erwähnt, kein Grund zur Sorge.Gleicht es doch eher dem Fischen an einem leeren Teich.

    Und nun mal Spass beiseite. Herr Riedel, das hier ist kein Ablasshandel. Ein Sternchen ins Heft für gute Führung. Solange etliche Tausend Menschen durch den Kraftverkehr zu Schaden kommen ist es schon zynisch sich zu mokieren weil die Sanktionen für Fehlverhalten im öffentlichen Straßenverkehr verschärft werden. Zumal ihr Jammern auf sehr hohem Niveau statt findet, munkelt man doch das vergleichbare Vergehen in der europäischen Nachbarschaft weit drastischer gewürdigt werden.
    Selbst der Rückgang der Unfallzahlen ist überhaupt kein Grund zum jubeln. Sie scheinen die Unfallzahlen als eine Art Kollateralschaden der Mobilität zu betrachten. Einen Status Q, solange dieser nicht zunimmt soll das (Fehl)Verhalten der Kraftfahrer weiterhin mit einem relativ günstigen Bußgeldkatalog gratifiziert werden.
    Ich kenne Sie nicht, ansonsten würde ich ihre Argumentation wohl als menschenverachtend betrachten.

    Herr Riedel, fahren Sie brav ihr Auto nur bis zur zulässigen Höchstgeschwindigkeit, halten an der roten Ampel, parken nur auf zulässigen Flächen und gefährden Sie keine anderen Menschen. Dann haben Sie den neuen Bußgeldkatalog nicht zu fürchten. So einfach kann es manchmal sein.

    Mit freundlichem Gruß.
    Gerrit Moritz

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Die Seite "Kommentar: Pferde würden das missverstehen" wurde am 17. Dezember 2012 veroeffentlicht und am 17. Dezember 2012 zuletzt aktualisiert.