Sagen wir so: Anzunehmen ist, dass die Verkehrsminister von Bund und Ländern, als sie sich dieser Tage in Cottbus zu ihrer Herbsttagung trafen, eigentlich nicht vorhatten, die Autofahrer der Nation zusätzlich zu provozieren. Sind angesichts anhaltend hoher Kraftstoffpreise doch vor allem diejenigen längst auf der Palme, für die Autobesitz die erste Voraussetzung ist, um ihre Arbeitsstelle zu erreichen.

Wolfram Riedel. Foto: Auto-Reporter.NET
Es läuft auf leeres Gerede hinaus, wenn etwa die Bundeskanzlerin so tut, als habe sie Verständnis für den Frust der Autofahrer und dabei vorwurfsvoll auf die Mineralölkonzerne zeigt. Scheinheiligkeit! Weil sich Mineral- und Mehrwertsteuer, die der Staat kassiert, an der Höhe der Kraftstoffpreise orientiert, muss die Regierung Interesse an einem möglichst hohen Preisniveau an den Tanksäulen im Lande haben.
Auch auf andere Wahrheiten gilt es, bei dieser Gelegenheit zurückzukommen. Pkw- und Lkw-Besitzer in Deutschland entrichten jährlich Kfz-Steuern in Höhe von insgesamt 8,4 Milliarden Euro, außerdem 35 Milliarden Euro Mineralölsteuer für Benzin und Diesel plus 14 Milliarden Euro Mehrwertsteuer. Zu addieren sind noch 4,5 Milliarden Euro pro Jahr, die die Lkw-Maut einbringt. Das alles reicht den Kassenwarten der Regierung aber nicht. Für dringend erforderliche „Verkehrsinvestitionen“ fehlten noch mindestens sieben Milliarden Euro, wurde in der Cottbuser Ministerrunde geklagt und – die Idee einer City-Maut geboren; bezeichnenderweise von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann, einem Grünen. Um vom Vorwurf reiner Abzocke abzulenken, sieht er in einer solchen Maut zugleich „eine Lenkungswirkung in den Ballungsräumen“.
Der ADAC weist immer wieder darauf hin, dass Autobesitzer in Deutschland Jahr um Jahr so viel Geld in die Staatskasse bringen, dass Straßen und Autobahnen durchaus unterhalten werden könnten. Offensichtlich aber wird ein beträchtlicher Teil der Einnahmen „umgelenkt“, um andere Haushaltslöcher zu stopfen.
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat zunächst eine andere Vorstellung, wie zusätzliches Geld beschafft werden könnte: Pkw-Fahrer sollten künftig eine Vignette am Auto haben, wenn sie eine deutsche Autobahn benutzen wollen. Eine City-Maut stehe nicht auf der Agenda der Bundesregierung, sagt Raumsauer heute. Heute! Vielleicht will er nur nicht mit der Tür ins Haus fallen und alles auf einmal. Es ginge doch auch so: Erst Autobahn-Vignette, dann City-Maut. Dem Fantasieren im Maut-Fieber sollten doch einfach Spielräume bleiben. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)