Kommen musste es so. Weil nichts von ewiger Dauer ist. Mitunter kann es sogar überraschend schnell gehen, dass sich Verhältnisse gründlich ändern. So was passiert allerdings höchst selten über Nacht. Der Fall der Berliner Mauer ist eine solche Ausnahme, die an Wunder grenzt.

Wolfram Riedel. Foto: Auto-Reporter.NET
Bahnt sich ein weiteres Wunder an? – Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hat in einer Fernsehansprache zum Jahreswechsel epochale Veränderungen angekündigt. Dem gedemütigten Volk, das seit Jahrzehnten Hunger kennt und vom Weltgeschehen abgeschottet wird, versprach der „große Führer“ bessere Lebensverhältnisse. Und nicht nur das. Beendet werden soll auch die Feindschaft mit Südkorea, um eine Voraussetzung für die Wiedervereinigung des Landes zu erfüllen. Allerdings setzen Nordkoreas Ideologen weiterhin auf militärische Stärke. „Nur wenn wir unsere Militärmacht in jeder Hinsicht weiterentwickeln, wird das Land prosperieren und die Sicherheit und Zufriedenheit seiner Bürger steigen“, philosophierte Kim Jong Un im Staatsfernsehen.
Eine kleine Sensation war schon das: Fast zwei Jahrzehnte lang hatte es keine Neujahransprache nordkoreanischer Machthaber gegeben. Nun kündigte der neue Mann an der Spitze, gerade 30 geworden, einen radikalen Umschwung an, der Nordkorea zu einem „wirtschaftlichen Riesen“ machen soll; mit Landwirtschaft und Leichtindustrie als Rückgrat.
Könnte es sein, dass der atemberaubende wirtschaftliche Aufschwung der benachbarten Volksrepublik China eine verlockende Fährte legte, die nun auch Nordkorea aus der anhaltenden Misere führen soll? – Einen jähen politischen Umschwung brauchte es für solchen Weg ja nicht zu geben. Lebt es sich, wie gleich „nebenan“ zu erfahren, doch ganz gut mit einem Mix aus kommunistischer Führung und kapitalistischer Marktwirtschaft. Peking behält das Sagen, solange es nicht den Fehler macht und maßgeblich in marktwirtschaftliche Spielregeln eingreift, sondern einfach hinnimmt, dass der imponierende Aufschwung Chinas zuerst den bösen Kapitalisten, namentlich ausländischen Investoren zu verdanken ist.
Doch es gibt Anzeichen, dass die Chinesen gutgehende Geschäfte auf Dauer lieber selbst machen wollen. Mit solchem Ziel vor Augen sind sie weltweit unterwegs, um Unternehmen von Klang und Erfolg in ihren Besitz zu bringen, sich langfristig Rohstoffquellen, gleichzeitig aber auch Absatzmärkte für Produkte „made in China“ zu sichern. Geld für solche Aktivitäten scheint mehr als reichlich angehäuft worden zu sein. Es heißt, das Land verfüge über die größten Devisenreserven; mehr als drei Billionen US-Dollar. Schon 2012 war die Volksrepublik im Begriff, die USA als bislang weltgrößte Volkswirtschaft endgültig vom Sockel zu stoßen.
Den hehren Führungsanspruch möchte China fortan gern aus eigener Kraft behaupten – ohne maßgebliche Schützenhilfe ausländischer Investoren. Die haben ihre Mission, den Chinesen vor Ort wertvolles Know-how beizubringen, schließlich weitgehend erfüllt. Inzwischen weiß man etwa bei BMW Brilliance Automotive Limited in Shenyang, bei FAW-Volkswagen Automotive Co., Ltd. in Chanchun oder auch bei SAIC GM Wuling Automotive in Shanghai genau, wie moderne, wettbewerbsfähige Autos beschaffen sein müssen. Der Unterricht war erfolgreich, er trägt Früchte. Da könnten die Lehrer eigentlich wieder nach Hause gehen und Investoren ihr Engagement auf kurzem Weg nach Nordkorea verlagern. Bisher blieben nordkoreanische Autos der Marke Pyeonghwa – Modelle eines süd- und nordkoreanischen Joint-Ventures – und auch andere in kleinerem Umfang auf Lizenzbasis montierte Autos ohne ernsthafte Konkurrenz.
Übrigens erzählt man sich, dass die rasante Aufholjagd der Chinesen möglicherweise von Anfang an jener alten List folgte, die bei kriegerischen Auseinandersetzungen angewandt wurde. Das ging so: „Erst den Gegner aufs Dach locken und dann die Leiter wegziehen.“ Freundlich ist das nicht, aber auch nicht verboten. Vielleicht gefällt Kim Jong Un solcher Gedanke. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)