„Besser spät als nie“ ist bisweilen zu hören, und im verganenen Monat durfte die amerikanische Automobilindustrie diesem Spruch gerecht werden. Beispielsweise mit einem selbstfahrenden Auto, den Rückrufen bei GM – und einer Abwertung der Tesla-Aktie.
Teslas „Junk Bonds“
Bislang galt der in Kalifornien beheimatete Hersteller von Elektroautos als Wunderkind der Branche, nun muss er sich mit dem „Junk“-Status der Rating-Agentur Standard and Poor’s zufriedengeben. Die ungnädige Bewertung „B minus“ zeigt auf, dass die Analysten von der langfristigen Zahlungsfähigkeit der Firma nicht überzeugt sind. Vermutlich steht die Bewertung im Zusammenhang mit den Verlusten des ersten Quartals, die bei rund 50 Millionen Dollar liegen dürften und damit größer sind als erwartet. S&P gilt unter Autoherstellern zwar als besonders kritische Rating-Agentur, trotzdem ist die Einstufung nicht gerade eine gute Nachricht für Tesla.
Googles fahrerloses Auto:
Würden Sie einer Suchmaschine zutrauen, Sie von A nach B zu bringen? Die Überraschung der vergangenen Woche war die Ankündigung von Google, das erste fahrerlose Auto in die Massenproduktion zu überführen. Der Technik-Gigant hat sein namenloses, autonomes Fahrzeug in einem Video gezeigt, das innerhalb von Sekunden um die Welt ging. Warum die gewaltige Resonanz? Meine Vermutung: Es gefällt Autogegnern besonders gut, und es ruft unter Autofans heftige Abwehrreaktionen hervor. Das Auto besitzt kein Lenkrad, es soll nur 40 km/h schnell sein, und es soll in Detroit gebaut werden. Es ist schön, eine amerikanische Innovation zu sehen, aber eine Firma, der es um Nutzer-Erlebnisse geht, sollte darüber nachdenken, was für ein „Erlebnis“ sie passionierten Autofahrern hier bietet. Vielleicht sollte Google doch besser in der „Cloud“ bleiben.
Neues von True Car
Seit Mitte vergannen Monats werden die Aktien von True Car an der New Yorker Börse gehandelt. True Car ist eine Webseite, die von Kalifornien aus betrieben wird und Endkunden über die günstigsten Preise informiert. Sie wird geführt vom früheren Ford- und Hyundai-Manager John Krafcik und seiner Spitzenkraft Larry Dominique. Vor einigen Jahren war True Car mit negativen Schlagzeilen aufgefallen; damals hatte man versucht, Druck auf Händler auszuüben, um niedrigstmögliche Preise garantieren zu können. In einem Interview beteuern Krafcik und Dominique nun mir gegenüber, sie würden True Car zu einer händlerfreundlichen Seite umbauen. „Der Turnaround ist bemerkenswert“, so Krafcik, der nun von Händlern berichtet, die auf das „Certified True Car“-Logo im Schaufenster Wert legen. Inzwischen gibt es ein App, das den Standort des Kunden nutzt, um auf günstige Händler in unmittelbarer Umgebung hinzuweisen.
Rückrufe bei GM
Vielleicht kommt es diese Woche zu einem vorläufigen Ende der Diskussionen über die Rückrufe bei GM. Über 2,5 Millionen Fahrzeuge waren betroffen, aber jetzt wird ein Bericht des ehemaligen Staatsanwaltes Anton Valukas erwartet, der weitere Details offenlegen soll. Momentan kursieren widersprüchliche Berichte über die Beteiligung von Konzernchefin Mary Barra.
Invasion der SUV
Die Vans und Fließheck-Limousinen kommen zurück, und „viertürige Coupés“ gewinnen an Appeal: Der Trend zum SUV verlangsamt sich erstmals. Ist das gut, oder sollen wir das Segment bedauern? Ich habe jeweils eine Woche in drei SUV verbracht, die völlig unterschiedliche Charaktereigenschaften aufweisen: Im Audi SQ 5, im Lexus RX 450h und im GMC Yukon XL. Der SQ 5, auf dem US-Markt mit einem 360 PS starken V6-Kompressor ausgestattet, wirkt im besten Sinne wie ein hochgelegter GTI: Stark, perfekt abgestimmt, sportlich gezeichnet. Völlig uninteressant ist im Vergleich der ähnlich große Lexus RX 450h, der sich an die in den USA eher schrumpfende Fangemeinde der Hybride wendet: Der Japaner ist im Fahrerlebnis derart langweilig und technisch obsolet, dass er keines weiteren Kommentars bedarf. Die größte Überraschung war der riesige Yukon XL – er erwies sich als weitaus agiler und sparsamer als erwartet. Das Raumangebot für Passagiere und Gepäck ist gewaltig, doch das Auto will auch geparkt werden. Vielleicht nicht das richtige Gefährt für New York, aber auf dem Highway bewegt sich diese Yacht wie ein Katamaran.
Das Erbe von David E. Davis verkleinert sich
Als der frühere „Car and Driver“-Chefredakteur David E. Davis vor 28 Jahren das „Automobile Magazine“ gründete, etablierte sich auf einen Schlag eine Alternative auf dem Markt der Magazine – eine anspruchsvolle Nummer vier neben „Car and Driver“, „Motor Trend“ und „Road and Track“. Jetzt hat der neue Eigentümer Source Interlink, dem auch „Motor Trend“ gehört, die Redaktion massiv zusammengestrichen. Dafür soll „Automobile“ nun enger mit seinem Schwesterblatt kooperieren. Der Markt der Meinungen schrumpft. Von Jeff Jablansky (ampnet/jj) Fotos: Auto-Medienportal.Net/Jablansky