Fahrbericht Nissan Juke Nismo: Motorsport sieht anders aus

Die Frontpartie des Nissan Juke Nismo (Weiß)

Von Dennis Gauert

Der Nissan Juke ist schon ein besonderes Auto. Kein Fahrzeug seit dem Fiat Multipla hat im Design mehr polarisiert. Da der Erfolg dem Crossover bisher jedoch Recht gegeben hat, dachte sich Nissan wohl, dass etwas Fitnesstraining nicht schaden kann. So war man gespannt als eine Nismo-Version (Nissan Motorsport) des Juke angekündigt wurde. Mit muskulöserer Aerodynamik, einem strafferen Fahrwerks-Setup und 7 kW / 10 PS mehr als die bisherige Topversion 1.6 DIG-T kommt der Juke zwar gut um die Kurve, aber stellt keinen GTI in den Schatten.

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Lenkrad, Armaturenbrett und Navi des Nissan Juke Nismo Die Sitze des Nissan Juke Nismo in Wildleder Der Rücksitzbank des Nissan Juke Nismo Die Frontpartie des Nissan Juke Nismo (Weiß) Tiefer als das Serienmodell - Der Nissan Juke Nismo Der Nissan Juke Nismo in der SeitenansichtCool sieht er aus, der Juke Nismo. Mit einem breiten Bodykit, roten Zierstreifen rundum, roten Spiegelkappen und einem schwarzen Heckdiffusor fällt der Wagen wirklich auf. Auch die unter den bulligen Abblendlichtern angebrachten LED-Tagfahrlichtstreifen runden das Bild eines Autos, das im Vordergrund stehen will, ab. Die Tieferlegung in Verbindung mit den sportlichen Mehrspeichern im 18-Zoll-Format steigert den Eindruck noch einmal. Der geschwungene Dachspoiler erhöht den Anpressdruck bei hohen Geschwindigkeiten und bildet einen passenden Abschluss des Crossovers.

Es sind aber 147 kW / 200 PS, die aus dem „Oho“ ein „Hmm“ gemacht haben. Nachdem Nissan mit dem Juke-R-Projekt, in dem im Juke der 3,8-Liter-Biturbo des Nissan GT-R verbaut war, dick Werbung gemacht hat, hofften wir im Nismo auf ähnlich gewaltige Kraft. Zwar kommt man mit der Leistung beim Handschalter in 7,8 Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 215 km/h, ein Wunder ist das aber nicht gerade. Wartet doch die Topversion des normalen Juke bereits mit 140 kW / 190 PS auf. Die Leistungskur beschränkte sich entsprechend auf eine Kennfeldanpassung. Wer hier Allradantrieb und die Tiptronic ordert, wird noch nüchterner dreinschauen: die Beschleunigung wird nochmal vier Zehntel zäher und auf der Autobahn ist bei 200 km/h Schluss. Unsere Empfehlung ist der Frontantrieb. Bei der Version mit Frontantrieb und Sechs-Gang-Handschaltung wiegt der Sport-Juke um die 1300 Kilogramm. Wenn er auch in engen Kurven Traktionstücken aufweist, ist der Antrieb dennoch ausreichend.

So ist der Nismo eher eine Stylebombe als ein Wunscherfüller für sportliche Exzentriker. Zugegeben, das Fahrwerk ist straff abgestimmt und bringt Fahrspaß, jedoch bleibt bei dem in hohen Drehzahlen etwas rauh zu Werke gehenden Motor der Eindruck, dass mit dem Chassis auch mehr möglich gewesen wäre. Positiv zu erwähnen ist das Übersteuern im Grenzbereich, das bei Fronttrieblern bekanntlich für immense Vorteile auf der Rennstrecke sorgt. Ob der Juke Nismo die je zu Gesicht bekommt? Wir zweifeln. Zudem geht es mit dem Übersteuern im Juke schon ziemlich früh los. Ein noch strafferes Fahrwerk könnte hier Abhilfe schaffen.

Der Betrieb des Juke Nismo ist eine aktive und nette Angelegenheit. Das Turboloch ist in mittleren Drehzahlen zwar bei jedem Schaltvorgang spürbar, fährt man jedoch Nismo-typisch, fühlt es sich echt gut an. Die Schaltung ist straff und sportlich abgestimmt, die Kupplung geht ohne große Zugkraftunterbrechnung zu Werke und das Lenkrad mit 12-Uhr-Markierung liegt super in der Hand. Hinzu kommen die Wildleder-Sportsitze, die mit gutem Seitenhalt aufwarten und auch bei Langstrecken nicht unbequem werden. Dazu sehen sie mit dem Nismo-Schriftzug auch noch toll aus.

Das kann man vom übrigen Interieur auch behaupten, das sich dem Schema F von manch anderem Hersteller entgegenstellt. Trotz des beherzten Einsatzes von schwarzem Klavierlack, der sogar die Mittelkonsole einhüllt, bleibt aber qualitativ kein so guter Eindruck zurück. Kunststofflandschaften haben eben keine gute Haptik. Um das unter den Teppich zu kehren, hätten hier wenigstens die Armaturen stimmen müssen. Stattdessen ist der gut ablesbare Tacho mit Nismo-Logo zwar sportlich aber in grauen Kunststoff gefasst. In der Mitte macht er noch Platz für einen monochromen Bordcomputer, in dem im Übrigen nicht die Kommandos des Navigationssystems angezeigt werden.

Das Navigationssystem mit Google-„Send to Car“-Technologie ist in das Infotainmentsystem Nissan Connect eingebettet, welches mit blauem Touchscreen und orangen Bedienknöpfen drumherum eine flippige Figur macht und weitgehend intuitiv bedienbar ist. Wenn man genauere Einstellungen vornehmen will oder bestimmte Anspielpunkte auf externen Quellen wie AUX und USB finden möchte, wird man vom Fahren aber stark abgelenkt. Hier wäre es schön gewesen, wenn man sich mehr auf die Knöpfe als auf den nicht sehr gut erreichbaren Bildschirm verlassen könnte.

Interessant ist die Klimatronik-Einheit. Mit einem kleinen LCD-Display versehen, findet der Fahrer hier farbig illustriert die gewünschten Informationen. Als kleinen Gag kann man den Bildschirm auch dazu verwenden, sich den Ladedruck oder die Fliehkräfte beim Fahren anzeigen zu lassen. Da das jedoch weit außerhalb des Blickfeldes passiert, ist es wohl eher eine Spielerei, die Mitfahrer zum optischen Erforschen einlädt. Charme hat es aber. Zusätzlich können an diesem Bedienelement die drei Fahrprogramme Normal, Sport und Eco ausgewählt werden. Während der Eco-Modus in Richtung der Werksangabe von 6,9 Litern auf 100 Kilometer abzielt, können es im Sportmodus gut und gerne zehn Liter werden. Der winzige Tank mit 46 Litern Volumen gepaart mit der speziellen Optik des Juke Nismo ist dann die Eintrittskarte in den exklusiven Kreis derer, die vom Tankwart mit Namen gegrüßt werden.

Und auch im Innenraum zeigt sich der Juke Nismo sozial. Mitfahrer sollten um jeden Preis vorne sitzen dürfen, da auf der Rücksitzbank Erinnerungen an die Schulzeit wach werden. Wenn man nicht genau gerade sitzt – und die wenigsten tun das – wird es sehr schnell unbequem. Rückmeldungen von Passagieren folgten schon nach zwanzig Minuten auf dem Fuße und führten zum zeitweiligen Platztausch mit dem Beifahrer.

Rückmeldungen gab es in diesem als aktiven Sportler angepriesenen Juke übrigens auch von Seiten der internen Rennleitung: Sobald man es im Juke Nismo so angeht, wie eine Motorsportabteilung es tun würde, fängt es an zu piepen. Da die wenigsten mit diesem Juke schleichen werden, ist das einfach nicht hinnehmbar.

Insbesondere in Ortschaften wo Tempo 70 km/h ausgeschildert ist, glaubt das Warnsystem häufig, es seien nur 50 km/h erlaubt. Das führt zu Unmut seitens des Fahrers, der in der einen oder anderen verbalen Trotzreaktion gipfeln kann. Der Knopf zum Ausschalten war nicht auffindbar – weder im Navi, noch im Bordcomputer, noch im Klimatronik-Element. Dem Käufer sei daher ans Herz gelegt, eine Kneifzange zum Abholtermin mitzubringen – oder die Bedienungsanleitung aufs Genaueste zu studieren, irgendwo kann man für das System vielleicht auch einen Crack herunterladen.

Es ist ein komischer Eindruck, der vom Juke Nismo zurückbleibt. Einerseits kennt man Nismo als eine Motorsportabteilung, die seit Jahrzehnten richtig gute Autos abstimmt, andererseits sieht man am Juke, dass irgendwas schief gelaufen sein muss. Viele Kümmernisse wären hinnehmbar gewesen, wenn mehr Leistung drin gesteckt hätte und man auf die hausinterne Verkehrserziehung verzichtet hätte. So fallen einem aber eben die grundsätzlichen Probleme des Juke auf, die in allen Versionen zu finden sind – leider. Vielleicht fasst sich Nismo ein Herz und legt hier nochmal zu. Mit 300 PS und permanentem Allradantrieb wäre dieses Auto sicher ein Geniestreich gewesen. Nissan hat hier Nachbesserung versprochen. Vielleicht piept es dann ja auch nicht mehr.

Wir müssen am Ende des Tages aber zugeben: Es hat trotz aller Widrigkeiten Spaß gemacht mit dem schnellsten Picasso der Welt durch die sonst so kahle Autolandschaft zu fahren. Und den Juke Nismo vergisst man auch nicht mehr, wenn man mal drin gesessen hat. (ampnet/deg)

Daten Nissan Juke Nismo

Länge x Breite x Höhe (in m): 4,17 x 1,77 x 1,57
Radstand (in m): 2,53
Motor: Vier Zylinder, 1618 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 147 kW / 200 PS bei 6000 U/min
Maximales Drehmoment: 250 Nm zwischen 2400 und 4800 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 215 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,8 Sekunden
Verbrauch (Schnitt nach EU-Norm): 6,9 l
Effizienzklasse D
Kohlendioxidemission: 161 – 165 g/km (Euro 5)
Leergewicht / Zuladung: 1293 kg / 428 kg
Kofferraum: 251 – 830 l
Max. Anhängelast: 1200 kg
Felgen / Reifen: 7 J x 18 / 225/45 R 18
Wendekreis: 10,7 m
Basispreis: 26 400 Euro

Ein Gedanke zu „Fahrbericht Nissan Juke Nismo: Motorsport sieht anders aus“

  1. Naja, hätten sie dem Juke Nismo mehr Leistung spendiert, wäre er garantiert nicht für unter 27 000 Euro zu haben. So bleibt er wenigstens bezahlbar und macht optisch auch einiges her.

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Die Seite "Fahrbericht Nissan Juke Nismo: Motorsport sieht anders aus" wurde am 26. November 2013 veroeffentlicht und am 30. November 2013 zuletzt aktualisiert.