Andere zeigen ihre neuen Autos im Winter an der Costa Smeralda. Land Rover dagegen ließ seinen Neuen die winterlichen Straßen in Island erkunden. Der Land Rover Discovery Sport musste mit Schnee, Eis, Sturm und Dunkelheit klarkommen und unter diesen widrigen Umständen auch noch beweisen, dass die Briten mit dem neuen Modell wieder einen Schritt nach vorn geschafft haben – vom Freelander zum Discovery Sport, der das bisherige Einstiegsmodell bei Land Rover ersetzt.
Schon nach wenigen Kilometern auf den Landstraßen nördlich Reykjavik wurde uns ein Vorteil eines SUV mit hoher Sitzposition eindrücklich vor Augen geführt. Beim Land Rover Discovery Sport ist die Chance größer als bei jeder Limousine, dass der Fahrer über den vom Sturm aufgepeitschten Schnee hinwegsehen kann. Außer der erhöhten Sitzposition bietet so ein Discovery auch eine gute Rundumsicht. Das ist gut zu wissen, auch wenn beim Fahren auf vereister Fahrbahn der Blick konzentriert nach vorn geht.
Angesichts der Verhältnisse auf Island steht aber jetzt schon fest: Wir können nichts zum Fahrtwind sagen. Der wurde vom Sturm übertönt. Auch Geradeauslauf und Abrollkomfort bleiben unbeurteilt, wegen der Spikesreifen. Beschleunigung konnten wir ebenso wenig messen wie die Höchstgeschwindigkeit, wegen Tempo 90 und der Radarfallen mitten im Nirgendwo. Auf das Erlebnis der sonst von Land Rover immer wieder gern demonstrierten Wattiefe haben wir dieses Mal gern verzichtet. Jetzt egal. Wer die Fähigkeiten eines modernen Land Rovers im Wasser oder in schwierigem Gelände anzweifelt, weiß nichts von dieser Marke. Dennoch: Den Nachweis werden wir mit Vergnügen einfordern.
Dass Land Rover seinen neuen Discovery ausgerechnet im dunkelsten Monat vorstellt, bedeutet nicht etwa, die Briten wollten ihr Design vertuschen. Hätten sie auch gar nicht nötig, weil der Neue seinem Beinamen Sport beim Äußeren Ehre bereitet – wenn auch ganz vorsichtig und glatt. Der Discovery kommt deutlich flacher daher als das andere Mitglied der Discovery-Familie. Mit seinem langen Radstand und seinen Proportionen wirkt er völlig anders: gestreckt statt hoch.
Beim ersten Kontakt mag man kaum glauben, dass nach knapp 4,60 Meter schon Schluss sein soll. Damit ist der Discovery kürzer als ein fünfsitziger Audi Q5, bietet aber sieben – genauer: 5+2-Sitzplätze – in der sogenannten Theaterbestuhlung. Die Sitzflächen in der zweiten Reihe liegen fast sechs Zentimeter höher als beim Fahrer- und Beifahrersitz, die dritte Reihe noch einmal zwei Zentimeter höher.
Beim bisherigen Discovery hat das einen Absatz im Dach zur Folge. Der ist beim Sport verschwunden. Trotzdem haben die Insassen mehr Kopf- und vor allem mehr Beinfreiheit als beim Freelander, am meisten, wenn man die zweite Reihe nach hinten schiebt und die Neigung der Rückenlehne verändert. Dann kann man es sich im Fond richtig gutgehen lassen. Aber auch mit ganz nach hinten geschobenen bleiben noch rund 480 Liter Gepäckraum. Mit der Bank ganz vorn sind es fast 690 Liter. Werden die Sitze der dritten Reihe genutzt, bleiben noch 194 Liter. Klappt man die beiden hinteren Reihen per Knopfdruck um, entsteht ein zwar ebener, aber nach vorn ansteigender Ladeboden für insgesamt fast 1700 Liter. Das dürfte ein Klassenbestwert sein.
Technisch sind der Sport und der Range Rover Evoque Zwillinge, jedenfalls bis zur B-Säule und unter dem Blech. Hinten ist, der größeren Länge wegen, alles neu, auch die neue Mehrlenker-Hinterachse. Die schuf den Platz für die dritte Sitzreihe und eine verbesserte Federung gegenüber der im Evcoque. Das Neue ist eben in der Autotechnik ständig des Guten Feind. Das bestätigte schmunzelnd auch Paul Cleaver, der Projektmanager des Discovery Sport. Für ihn ist sein Discovery der Beste aus der Land Rover-Ecke. Er hat übrigens auch eine treffende Beschreibung für die Eigenarten: Beim Evoque und den anderen Range Rover gehe es auch um Luxus, beim Discovery Sport um Vielseitigkeit. Das sei ein Familienfahrzeug, nicht nur wegen der sieben Sitze, meint Cleaver.
Der Discovery Sport ist bei seiner Innenraumgestaltung gar nicht so weit weg vom Range Rover, weder bei den Materialien, noch bei der Gestaltung. Die flächige, breite Armaturentafel und die mächtige Mittelkonsole versprühen den klassischen britischen Oberklasse-Charme der Marke. Als gar nicht so klassisch erweist sich das Infotainment an Bord. Hier hat Land Rover mit großen Schritten den Vorsprung des Wettbewerbs abgebaut.
Unter der Haube stecken zunächst wahlweise der Benziner Si4 mit zwei Litern Hubraum 177 kW /240 PS und der Diesel mit zwei Leistungsstufen von 10 kW / 150 PS (TD4) oder 140 kW / 190 PS (SD4). Im Laufe des Jahres wird Land Rover einen eD4 mit kleinerem Hubraum und ebenfalls 110 kW / 150 PS bringen, der im Schnitt 4,5 Liter auf 100 km verbrauchen soll und so nur 119 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer emittiert. Den eD4 wird es nur mit Frontantrieb und Handschaltung geben. Sonst besteht die Wahlmöglichkeit zwischen dem permanentem Allradantrieb und der „Active Driveline“-Lösung, bei der die Hinterachse bei Bedarf zugeschaltet wird. Bei den Getrieben empfiehlt sich die Neun-Gang-Automatik von ZF (2250 Euro) wegen des Komforts und der besseren Verbrauchswerte.
Der eD4 markiert das untere Ende der Preisskale mit 32 250 Euro, gut einen Tausender weniger als beim Evoque-Einstiegspreis. Den TD4 kann man außerdem in den höher angesiedelten Ausstattungen HSE und HSE Luxury erwerben. Beim SD4 und beim Si4 fällt die S-Variante weg. Am oberen Ende der Preisskala stehen der SD4 und Si4, beide mit Automatik und mit der HSE Luxury-Ausstattung für jeweils 54 400 Euro.
In allen Versionen gehören die Warnung beim unbeabsichtigten Verlassen der Fahrspur, ein neu entwickelter Notbremsassistent und der immer noch ungewöhnliche Fußgängerschutz mit einem Airbag vor der Windschutzscheibe gehören zum Serienumfang. Andere Systeme finden sich in der Liste der Zusatzausstattung bis hin zum Head up-Display und dem „Wade sensing“, dass die Wassertiefe vor dem Auto misst, bevor es die Furt quert. Dann kommen auch die anderen Programme des „Terrain Response System“ zum Einsatz, nicht nur die Stellung „Gras, Schotter, Schnee“.
Ganz aktuell hat jetzt Euro NCAP die Ergebnisse des Crash- und Sicherheitstest bekanntgegeben: Unter den Kandidaten Nissan X-Trail, Lexus NX, Porsche Macan, Kia Sorento war der Land Rover Discovery Sport Sieger nach Punkten mit der höchsten Bewertung beim Insassenschutz und bei den Assistenzsystemen. Ausprobiert hat das alles auf dem blanken Eis Islands glücklicherweise keiner von uns. Wir fanden’s jedenfalls ganz schön cool – das Wetter und das Auto.
Von Peter Schwerdtmann (ampnet/Sm) Fotos: Auto-Medienportal.Net/Jaguar Land Rover
Land Rover Discovery Sport SD4 HSE Automatik
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,59 x 2,07 (eingeklappte Spiegel), 2,17 x 1,72
Radstand (m): 2,74
Motor: R4-Benziner, 2179 ccm, Direkteinspritzung
Leistung: 140 kW / 190 PS bei 3500 U/min
Max. Drehmoment: 420 Nm bei 1750 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 188 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 8,9 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 6,3 Liter
CO2-Emissionen: 166 g/km (Euro 5)
Leergewicht / Zuladung: min. 1775 kg / max. 797 kg
Kofferraumvolumen: min. 194 l, normal 541 l, max. 1698 l
Bodenfreiheit: vorn 275 mm, hinten 212 mm
Böschungswinkel: vorn 25 Grad, hinten 31 Grad
Rampenwinkel: vorn 21 Grad, hinten 20 Grad
Max. Wattiefe: 600 mm
Max. Anhängelast: 2200 kg
Wendekreis: 11,9 m
Reifen: 235/55 R19
Luftwiderstandsbeiwert: 0,369
Preis: 48 750 Euro