Kommentar: Die schöne neue Welt und die Risiken

Staunen macht sich breit, wenn man beim 15. Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie (VDA) gestern und heute in München erfährt, was die Zukunft dem Autofahrer alles bringen wird. Die Autos reden miteinander, mit den Verkehrsschildern und Ampeln, mit Motorrad- und wahrscheinlich auch mit Pedelec-Fahrer aber auch mit dem großen Bruder in der Zentrale, der die Verkehrsströme lenkt, vor Gefahren warnt, den Stau umfahren lässt und zu ökonomisch-ökologischer Fahrweise auffordert.

Kommentar von Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann. Foto: Auto-Medienportal.Net

Heute schon sind unsere Autos eine Sammlung von Sensoren, die das Umfeld im Blick behalten und mit Radar rund 200 Meter nach vorn gucken können. Das bringt dem Auto und seinen Insassen eine Menge Sicherheit, warnt vor Querverkehr, schützt den Fußgänger, der auf die Straße tritt, verhindert Auffahrunfälle. Das Auto ist jetzt sogar erstmals in der Lage, selbsttätig die Fahrspur zu halten und leichte Kurven, etwa auf der Autobahn, selbst anzugehen.

Wenn das Wissen des einzelnen Autos allen anderen Autos und auch noch einer Zentrale zugänglich wäre, lassen sich viele Dienstleistungen denken, die dem Komfort, in erster Linie aber der Sicherheit diesen. Die deutsche Automobiltechnik nimmt die Vision der EU sehr ernst, eines Tages Verkehr ganz ohne Unfälle zu ermöglichen.

Doch diese schöne neue Welt hat auch ihre Tücken. Die Systeme selbst müssen hundertprozentig betriebssicher sein. Und sie können erst dann ihre volle Wirkung entfalten, wenn alle Fahrzeuge an der schönen neuen Welt teilnehmen. Experten rechnen für die einzelnen Teilschritte mit jeweils zehn Jahren bis zur flächendeckenden Einführung. Die richtig schöne neue Welt werden wir dann wohl erst gegen 2040 erleben.

Aber es geht jetzt los, ganz konkret mit Großversuchen und mit der Verpflichtung deutscher Hersteller, bestimmte Basissysteme nach 2015 einzuführen. Dabei müssen alle mitspielen, auch der Staat, der Infrastruktur zur Verfügung stellen muss, mit der das Auto kommuniziert. Das bezieht sich aber nicht nur auf den deutschen Staat. Gesucht ist eine internationale Kooperation von Unternehmen und Behörden, die gemeinsame Standards schaffen. Am besten bindet man auch die Übersee-Hersteller gleich mit ein, was sich in der Vergangenheit als so gut wie unmöglich erwiesen hat.

Doch den Autoherstellern bleibt nur noch wenig Zeit, Verfahren festzuschreiben. Denn die Elektronikindustrie schläft nicht. Schon lange gibt es auf Smartphones erste Dienstleistungen für die Fahrt. Navigation und auch Navigation mit Verkehrsführung in Echtzeit sind bereits da. Doch noch sind es nur die Automobilhersteller, die alle Sensoren in der Hand haben, also viel mehr als die App-Anbieter, die über das GPS im Smartphone nur den Standort des Autos und dessen Fahrtwunsch kennen.

Und die Automobilhersteller müssen eine ganz entscheidende Aufgabe im Blick behalten. Der sichere Betrieb der Systeme ist Voraussetzung. Genauso wichtig sind zwei Punkte, die den Datenschutz auf den Plan rufen: Wie anonymisiert man solche Daten? Wie sorgt man dafür, dass sie anonym bleiben? Wie verhindert man, dass andere in das System eindringen. Die Verbindung mit dem Telefonnetz oder dem Internet sind Zweibahnstraßen, die auch andere nutzen können, die anderes als sinnvolle Dienstleistungen im Sinn haben.

Prof. Dr. Herbert Kohler, Leiter Konzernforschung bei der Daimler AG berichtete auf dem Podium des VDA-Kongresses. Man setze Hacker dafür ein, um den Schutz der Systeme vor Zugriffen zu prüfen. Die schöne neue Welt schafft eben auch neue Jobs. (ampnet/Sm)

Von Peter Schwerdtmann

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Die Seite "Kommentar: Die schöne neue Welt und die Risiken" wurde am 22. März 2013 veroeffentlicht und am 22. März 2013 zuletzt aktualisiert.