Pressepräsentation Jaguar R-Typen mit 550 PS: Charaktersache

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Die Frontpartie des Jaguar XFR-S

Von Peter Schwerdtmann

Bei der Fahrerbesprechung wurde vor Rentieren gewarnt. Schwarzbären werden auf der Tour in den Norden von Seattle auch vorkommen können, auf jeden Fall aber Jaguare. In den Wäldern von Washington State treiben sich keine ausgewilderten, sondern vorbildlich domestizierte Exemplare der Gattung jaguarius britannicus herum. Hinter dem Zaun von The Ridge Motorsportpark durften sie jetzt ihre ganze Kraft austoben: der Jaguar XFR-S und der Jaguar XJR.

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Die Frontpartie des Jaguar XFR-S

Jaguar XFR-S

Der Innenraum des Jaguar XFR-S mit Leder

Jaguar XFR-S

Jaguar XFR-S in blau in der Heck- Seitenansicht

Jaguar XFR-S

Roter Jaguar XJR in der Frontansicht

Jaguar XJR

Rote Innenausstattung für den Jaguar XJR

Jaguar XJR

Die Seitenpartie des Jaguar XJR

Jaguar XJR

An Kraft haben die beiden Modelle mehr als jeder andere Jaguar zur Verfügung. Der Kompressor hebt den Achtzylinder mit fünf Litern Hubraum auf 405 kW / 550 PS. Das maximale Drehmoment liegt zwischen 2500 und 5500 Umdrehungen pro Minute (U/min) bei strammen 680 Newtonmetern (Nm). Das sind 40 PS und 55 Nm mehr als bei den bisher stärksten Vertretern der Briten.

Dieses Kraftwerk steckt in beiden Modellen. Beim Jaguar XFR-S, den man der gehobenen Mittelklasse zurechnen muss, führt das zu einer um 0,3 Sekunden verkürzten Beschleunigung von null auf 100 km/h: 4,6 Sekunden statt 4,9 Sekunden. Seine Höchstgeschwindigkeit wird bei 300 km/h eingebremst. Der Oberklasse-Jaguar XJR bringt es auf dieselbe Zeit für den Standardsprint. Er wird aber schon bei 280 km/h gezügelt.

Beide Modelle bekommen ihr Leben von identischen Motoren eingehaucht, beide sind stolze Vertreter der R-Marke von Jaguar, wobei man ruhig annehmen darf, dass das „R“ für „Race“ wie „Rennen“ steht. Und dennoch präsentieren sich beide unterschiedlich: der schnelle XF als Luxus-Gokart und der schnelle XJ als Gentleman-Racer. Der XFR-S übertrifft den XJR dabei nicht nur in der Höchstgeschwindigkeit. Er wirkt insgesamt agiler, obwohl er fast 100 Kilogramm mehr wuchten muss als der Große.

Seinen Anspruch an das höhere Maß Sportlichkeit zeigt der XFR-S mit optischen Akzenten wie dem neuen Stoßfänger vorn mit Lufteinlass und Splitter in feinstem Carbon, dem Jaguar-Kopf auf glänzend schwarzem Rautengrill, größeren Lufteinlässen und Schwellern an der Seite sowie einem Diffusor-Heck mit zwei dicken Endrohren. Wer will, kann jeden Zweifel über den Charakter des XFR-S ausräumen, indem er den großen Heckspoiler mit Carbonflügel bestellt. Der setzt nicht nur optisch Zeichen, sondern zeigt spürbar Wirkung. Alle aerodynamischen Maßnahmen zusammen reduzieren den Auftrieb an der Hinterachse um 120 Kilogramm, was wir auf der Rennstrecke gern zur Kenntnis nahmen.

Auch der XJR zeigt Spoiler – vorn unterm neuen Frontteil und am Kofferraumdeckel. Auch bei ihm glänzt der Grill in schwarzem Rautenmuster. Und dennoch überschreitet er die Grenze nicht, an der vornehmes Understatement in Snobismus umschlägt. Wer sehen will, kann die R-Variante zum Beispiel auch an den speziellen Felgen und diversen R-Symbolen erkennen. Aber beim XJ drängt sich das „R“ nicht auf.

Der Motor stellt nicht die einzige Gemeinsamkeit der unterschiedlich großen Autos mit unterschiedlichem Charakter dar. Dazu gehören auch das adaptiv arbeitende Fahrwerk, die aktive Steuerung des Differenzials, die großen Hochleistungsbremsen und die Acht-Gang-Automatik von ZF. Das schnell schaltende Getriebe erkennt nach Auswertung eines Bündels von Sensordaten die jeweils richtige Schaltstrategie und vermeidet unpassende Schaltvorgänge in Kurven. Natürlich könnte man das Getriebe in beiden Modellen auch per Paddel am Lederlenkrad von Gang zu Gang bewegen, aber selbst auf der Rennstrecke ließen wir der Automatik gern den Vortritt.

Innen bestätigt sich der Unterschied zwischen den beiden. Der XFR-S gibt sich mit zweifarbigen Sitzen, schwarzem Alu sowie farbigen Kedern und Nähten deutlich sportlicher als der eher dem Luxus verpflichtete XJR. Das R-Logo prangt dem Fahrer von beiden Multifunktion-Lenkrädern entgegen. Im Übrigen sind beide ganz Jaguar – mit klassischen Rundinstrumenten und dem Drehrad für die Gangwahl, das sich erst dann aus der Mittelkonsole erhebt, wenn die Zündung per Startknopf eingeschaltet wird.

Trotz des gemeinsamen Antriebsstrangs entwickeln beide Modelle beim Fahren den passenden Charakter. Der XJR nutzt seine Leistung, um dem Fahrer die Souveränität zu bieten, die man in dieser Klasse erwartet. Er reizt den Fahrer nicht zur schnellstmöglichen Gangart, sondern zum gelassenen schnellen Reisen. Dabei zeigt er auch auf der Rennstrecke dynamische Qualitäten, wie man sie von einem Jaguar der neuen Generation erwarten soll-

Der XFR-S lockt schon eher dazu, mit seiner Leistung zu spielen. Trotz seines Gewichts von immerhin gut zwei Tonnen gibt er sich leichtfüßiger als sein großer Bruder. Die neue hydraulische Lenkung spricht spontan an und erledigt ihre Arbeit direkt und mit guter Rückmeldung an den Fahrer. Dabei reagiert das Fahrwerk gelassen. Man muss schon auf alle Traktionssysteme verzichten, um ihm einen Schwenk um die Hinterachse zu erlauben. Die Federung wirkt keineswegs knochig oder hart, sondern bietet ein hohes Maß an Komfort, mehr als man bei einem Auto dieser Ausrichtung normalerweise erwarten darf.

Beide Autos präsentieren sich auf Lang- und Rundstrecke als Fahrzeuge, die auf den Fahrer zugeschnitten sind. Wer einen XJR seinem Fahrer in die Hand geben will, um hinten auf Geschäftsreise zu gehen, der sollte sich allerdings für die Langversion entscheiden; denn hinten kommt einem normalen Nordeuropäer das Dach zu sehr entgegen. Angesichts des Charakters als Spielzeug für den großen Jungen wird der lange Radstand in Deutschland kaum Freunde finden

Genau darum geht es aber auch bei Jaguar: neue Freunde finden. Den XFR-S sieht das Unternehmen als direkten Wettbewerber zum BMW M5 und zum Mercedes-Benz E63 AMG. Der Preis von 107 800 Euro kann man als Kampfansage verstehen, ebenso wie den von 141 320 Euro für den XJR, für den sich Jaguar Chancen gegen den Maserati Quattroporte, den Porsche Panamera Turbo, den Mercedes-Benz S63 AMG und den Alpina B7 ausrechnet.

Im Ausrechnen der Chancen waren die Briten in den vergangenen Monaten nicht schlecht. Jaguar wuchs in Deutschland im Krisenjahr 2012 um 3,3 Prozent und in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 35 Prozent auf immerhin 2236 Einheiten. Weltweit lag der Zuwachs bei 29 Prozent, der Absatz bei 37 636 Fahrzeugen. Da die USA einer der Hauptmärkte für Jaguar darstellen, dürften auch in den Wälder von Washington State bald ein paar Jaguare mehr herumtollen. (ampnet/Sm)

Technische Daten

Jaguar XFR-S

Länge x Breite x Höhe (in m): 4,96 x 1,94 x 1,46
Motor: V8-Benziner, 5000 ccm, Kompressor
Leistung: 405 kW / 550 PS bei 6000 – 6500 U/min
Maximales Drehmoment: 680 Nm bei 2500 – 5500 U/min
Beschleunigung vom 0 auf 100 km/h: 4,6 s
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h (abgeregelt)
Kraftstoffverbrauch, Schnitt nach EU-Norm: 11,6 l
Kohlendioxidemissionen: 270 g/km, Effizienzklasse G
Leergewicht / Zuladung: 1987 kg / 413 kg
Kofferraumvolumen: 540 – 923 l
Wendekreis: 11,5 m
Basispreis: 107 800 Euro

Jaguar XJR

Länge x Breite x Höhe (in m): 5,13 x 1,90 x 1,45
Motor: V8-Benziner, 5000 ccm, Kompressor
Leistung: 405 kW / 550 PS bei 6000 – 6500 U/min
Maximales Drehmoment: 680 Nm bei 2500 – 5500 U/min
Beschleunigung vom 0 auf 100 km/h: 4,6 s
Höchstgeschwindigkeit: 280 km/h (abgeregelt)
Kraftstoffverbrauch, Schnitt nach EU-Norm: 11,6 l
Kohlendioxidemissionen: 270 g/km, Effizienzklasse G
Leergewicht / Zuladung: 1873 kg / 527 kg
Kofferraumvolumen: 520 l
Wendekreis: 12,4 m
Basispreis: 141 310 Euro

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Die Seite "Pressepräsentation Jaguar R-Typen mit 550 PS: Charaktersache" wurde am 19. August 2013 veroeffentlicht und am 1. Dezember 2013 zuletzt aktualisiert.