Fahrbericht Renault Koleos dCi 150 4×4: Frischer Franzose

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Roter Renault Koleos dCi 150 4x4 in der Frontansicht

Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Das lehren auch Renault Koleos und Nissan X-Trail. Der Franzose teilt sich mehr als die Hälfte der technischen Komponenten mit dem Japaner. Die Renault Nissan Allianz macht’s möglich. Im Vordergrund stand die Alllradkompetenz von Nissan. Doch trotz Gleichheit zahlreicher technischer Komponenten ist der Koleos ein anderes Auto, ein Renault eben. Zu seinem prägenden Element wird eher der Fahrkomfort, weniger jene Robustheit, die geländehungrige Draufgänger schon mit ihrem Auftritt zur Schau stellen, um zu dokumentieren, dass es off road ordentlich zur Sache geht.

Bildergalerie: Renault Koleos dCi 150 4×4

Rund und zivil

Betonte Karosserierundungen lassen den Allrad-Franzosen von vornherein „ziviler“ erscheinen. Er passt eher auf die Straße als ins Gelände. Aber auch der Koleos kann sich durchaus dorthin wagen, wohin man eigentlich kaum einen Pkw lenkt. Reichlich Bodenfreiheit (188 mm) und Allradantrieb – auf Tastendruck wählbar – sind Garanten dafür, dass sehr viel mehr noch als ein Ausflug „in den Acker“ gut endet. Geht es im Gelände besonders steil bergab oder beim Anfahren steil bergauf, wird das Problem elektronisch geregelt (Hillholder). Geländeschikanen erweist er sich voll gewachsen. Das Plus ganz nebenbei: Vortrieb über alle vier Räder bleibt die ideale Zugabe für Anhängerbetrieb.

Variable Antriebsmodi

Im Normalfall fährt der Koleos nach jedem Motorstart im Modus „AUTO“, bei dem das Drehmoment automatisch zugunsten einer sicheren Straßenlage zwischen Vorder- und Hinterachse aufgeteilt wird – je nach Fahrbahnbeschaffenheit und Fahrgeschwindigkeit. Rollt man auf ausgesprochen guten Straßen, darf der Vortrieb allein den Vorderrädern (Modus 2WD) anvertraut werden. Reduzierte Reibung im Antriebsstrang lässt Kraftstoff sparen. Bevor man sich ins Gelände wagt, ist per Taste 4WD Lock zu wählen. Damit wird das Drehmoment zwangsläufig zu gleichen Teilen auf Vorder- und Hinterachse verteilt – Garantie für die Bewältigung von Geländeschikanen der beeindruckenderen Sorte. Das Kraxeln funktioniert aber nur bis Tempo 40. Geht es schneller voran, schaltet das System von sich aus auf den Normalmodus AUTO zurück. In jedem Fall verweist eine auffällig grün leuchtende Kontrollanzeige auf den jeweils aktiven Modus.

Großzügiger Innenraum

Weniger in Verlegenheit bringen können einen Allradler letztlich Schnee oder Eis auf der Fahrbahn. In einem Auto mit wählbarem Vierradantrieb fühlt man sich allen Eventualitäten gewachsen. Zum Gefühl der Geborgenheit trägt die Innenraumatmosphäre des Koleos bei. Es geht geräumig und wohnlich zu. Lässig lässt sich „nach oben“ einsteigen, man sitzt erhöht, entsprechend erhaben und hat weitgehend ungestörten Rundumblick. Hilfreich beim Rückwärtsfahren sind die großen Rückspiegel (elektrisch abklapp-, einstell-, beheizbar) und die freie Heckscheibe. Es gibt dennoch eine piepsende Einparkhilfe. Das Armaturenbrett wirkt aufgeräumt, den oberen Bereich vor der Frontscheibe beherrscht lediglich das mittig im aufgesetzten „Tunnel“ farbige Display für Navi (Carminat Tom Tom ) und Radio (Bose Soundsystem). Tasten und Drehregler für die einzelnen Bedieneinheiten sind in die weiter unten ansetzende Mittelkonsole verfrachtet worden. Ganz unten, und damit leider nicht griffgünstig erreichbar, wurde auch der Ein- und Ausschalter für den Tempopiloten bzw. Tempobegrenzer platziert.

Mit der ganz in Schwarz gehaltenen Cockpit- und Türverkleidung, einem recht geglückten Mix aus Echtleder und genarbtem Kunstlederbezug, tritt auch der Koleos – wie manch anderes Auto – den Beweis an, dass selbst ein durchweg schwarzes Umfeld ansprechend sein kann. Für Kontraste sorgen metallfarbene Einfassungen der im Fahrerblick liegenden Rundinstrumente (Tacho, Drehzahlmesser) und der vier Luftduschen. Schmückende Elemente sind überdies die blanke Schaltkulisse für den Automatikwählhebel und der griffgünstig vorgelagerte Dreh-/Drücksteller fürs Navigationssystem.

Komfortaffines Fahrwerk

Renaults „Lederpaket“ (Testwagen), das Lederlenkrad und Sitzheizung vorn einschließt, wertet den Innenraum auf. Man sitzt gut auf allen Plätzen. Klapptische an den Vordersitzlehnen sind ein NIGHT&DAY-Detail. Auch auf Langstrecken stellt sich so bald kein Verlangen ein, den Körper zwischendurch einmal „entfalten“ zu können. Federung und Polsterung richten sich an französischen Komfortansprüchen aus. Das Fahrwerk steckt eine Menge weg. Temperamentvollem Kurvenstil wäre eine straffere Federung und Dämpfung allerdings dienlicher. Aber wer selbst bei einem SUV ein komfortbetontes Fahrwerk erwartet, findet das, was ein Koleos bietet, durchaus okay.

Automatik kontra Handschalter

Einmal in Fahrt, geht es relativ leise zu im Auto. Das Arbeitsgeräusch des Turbodiesels macht sich zwar beim Beschleunigen bemerkbar, hält sich aber selbst bei höheren Geschwindigkeiten eher zurück, um Wind- und Rollgeräuschen den Vortritt zu lassen. Bequem ist automatisches Schalten allemal. Die sechsstufige Getriebeautomatik im Koleos lässt allerdings hören, wie sie den Gangwechsel beim Hochschalten hinkriegt, nämlich nach Aufbau einer höheren Motordrehzahl. Der sich wiederholende Vorgang bei häufigem Anfahren (Stadtverkehr!) ist kein Ohrenschmaus. Da entscheidet man sich vielleicht lieber fürs Schalten von Hand über den Automatikwählhebel (+/-). Da lässt sich ausnutzen, dass die Durchzugskraft des Diesels rasches Hochschalten erlaubt. Der Gangwechsel läuft so geräuschärmer, vermutlich sogar effizienter ab. Aber es gibt grundsätzlich ja die Wahl: den Koleos mit 6-Gang-Handschaltgetriebe.

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Touren über Landstraßen mit zahlreichen Ortsdurchfahrten absolvierte der Testwagen mit einem Kraftstoffverbrauch, der etwa zwischen 5,8 und 6,5 l/100 km pendelte. Als Langstreckenverbrauch mit hohem Autobahnanteil wies der Bordcomputer 8,6 l/100 km aus. Bei Tempo 120/130 hält sich die Nadel des Drehzahlmessers noch nahe der 2.000er-Marke auf, bei der ja das maximale Drehmoment (320 Nm) zur Verfügung steht. Ab da legt der Turbodiesel dann kräftig zu, um bei 4.000 U/min mit seiner Höchstleistung (150 PS) aufzuwarten.

Variabel

Sehr gefallen kann die mögliche variable Nutzung des Koleos. Die untere Partie der geteilten Heckklappe lässt sich ausklappen, um so im Bedarfsfall die Ladefläche zu verlängern. Die Plastschienen lassen eingeladenes Gepäck mühelos verschieben, ungesichert jedoch schnell hin- und herrutschen; hier helfen Verzurrösen. Links und rechts lässt sich ein Hebel ziehen, und augenblicklich fallen Sitzflächen (!) und Lehnen der asymmetrisch geteilten Fondbank. Im Nu entsteht ohne jede Mühe eine völlig ebene Ladefläche, die auf einer Seite mit 2,60 Metern besonders lang sein kann, wenn die Lehne des Beifahrersitzes (!) umgeklappt wird. Im Übrigen ist an Ablagen im Auto kein Mangel. Insgesamt sollen sie ein Volumen von 70 Litern haben.

Den Koleos lernt man als praktischen und zudem schönen Vertreter der SUV-Gilde kennen, die anhaltend Karriere zu machen scheint. In der Testwagen-Ausstattung NIGHT&DAY bleiben bei Renaults Allradler eigentlich keine Wünsche offen. Ins Hintertreffen war das Testsobjekt allerdings in einem Punkt geraten. Es fehlte das Tagfahrlicht. (Auto-Reporter.NE/Wolfram Riedel)

Technische Daten: Renault Koleos dCi 150 4×4 Automatik:

Länge x Breite x Höhe (Meter): 4,52 x 1,85 x 1,71
Motor (Bauart, Hubraum): 4-Zylinder-Common-Rail-Turbodiesel, 1.995 ccm
max. Leistung: 110 kW/150 PS
max. Drehmoment: 320 Nm
Kraftstoffverbrauch (nach NEFZ, kombiniert): 7,1 l/100 km
CO2-Emission: 186 g/km
Höchstgeschwindigkeit: 177 km/h
Beschleunigung 0 bis 100 km /h: 12,3 s
Leergewicht/zul. Gesamtgewicht (kg): 1.730/2.300
Gepäckraumvolumen: 450 bis maximal 1.380 Liter
Anhängelast ungebremst/gebremst (kg): 750/2.000
Basispreis: 33.490 Euro
Ausstattung NIGHT&DAY (Testwagen): ab 35.400 Euro

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Die Seite "Fahrbericht Renault Koleos dCi 150 4×4: Frischer Franzose" wurde am 22. September 2012 veroeffentlicht und am 2. Dezember 2013 zuletzt aktualisiert.