Im Rückspiegel: Volvo 240 – kantiger Schwede mit Kultstatus

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Er zählt zu den Autos mit sehr langer Bauzeit und erreichte schon während seiner Produktionszeit Kultstatus: Der Volvo 240 festigte gemeinsam mit der luxuriösen Sechszylinder-Version Volvo 260 das Image des schwedischen Marke als führender Hersteller sicheren Autos. Aber auch als schneller Turbo und erster Sechs-Zylinder-Diesel-Pkw schrieb der kantige Schweden Geschichte, der auch bei der Einführung des geregelten Drei-Wege-Katalysators mit Lambdasonde eine Vorreiterrolle übernahm.

Volvo 245 DL (1975).

Volvo 245 DL (1975).

Volvo 244 DL (1977).

Volvo 244 DL (1977).

1974 war ein ereignisreiches Jahr für Schweden. Im Frühling hatte Abba mit dem Chartbreaker „Waterloo“ den Eurovision Song Contest gewonnen, dann stürmte der erst 18-jährige Nachwuchsstar Björn Borg die Tennis-Weltrangliste. Und auch der neue Volo sorgte für Schlagzeilen, als er am 21. August 1974 in der mittelschwedischen Kleinstadt Borlänge erstmals der Presse vorgestellt wurde. Dort erwarteten die Journalisten zahlreiche in auffälligem Orange lackierte Volvo 244 GL mit für die 70er-Jahre typischem orangefarbenen Interieur.

Volvo 242 GT (1978).

Volvo 242 GT (1978).

Der 240 war eine Weiterentwicklung der 140er-Baureihe. Besonders die vorwölbende Frontpartie mit den großen, dunklen Kunststoffstoßfängern unterschied sich aber deutlich und war von dem Sicherheit-Concept-Car VESC inspiriert. Stattliche 13 Zentimeter hatte der Volvo so gegenüber seinem Vorgänger in der Länge zugelegt. Innen zeigte er sich mit neuartigen, gitterartigen Kopfstützen. Tatsächlich setzte der Volvo 240 neue Standards beim Insassenschutz, wie auch die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA bestätigte, die dieses Modell im Jahr 1976 zur Referenzbaureihe für ihre Sicherheitsforschung wählte. Fast über die gesamte Bauzeit blieb der Volvo 240 Benchmark beim Insassenschutz. So bezeichnete das amerikanische Verkehrssicherheitsinstitut der Versicherungen (IIHS) den Wagen auch 1993 noch als Fahrzeug mit den wenigsten Unfällen mit Todesfolge unter den in den USA von 1988 bis 1992 verkauften Fahrzeugen.

Volvo 244 DL (1975).

Volvo 244 DL (1975).

Auch bei der Reduzierung schädlicher Emissionen übernahm der Volvo 240 im Herbst 1976 eine Pionierrolle. Damals lieferte Volvo die weltweit ersten Limousinen und Kombis mit geregeltem Drei-Wege-Katalysator und Lambdasonde nach Kalifornien und unterschritt damit die dort geltenden, global strengsten Emissionswerte nochmals deutlich. Dank der Lambdasonde konnte der Katalysator 90 Prozent der schädlichen Substanzen eliminieren. Dafür wurde die Marke mehrfach ausgezeichnet. In Deutschland führte Volvo zum Modelljahr 1986 als einer der ersten Hersteller serienmäßig den Drei-Wege-Katalysator ein.

Volvo 245 Turbo (1982).

Volvo 245 Turbo (1982).

Neu war bei den Modellen der Baureihe auch das moderne Fahrwerkslayout mit McPherson-Federbeinen, noch bedeutender war jedoch der Sprung in die Zukunft bei den Antriebsaggregaten. Zwar blieb der bekannte B20-Vierzylinder vorübergehend für die Basisversionen des Volvo 240 im Angebot, Volumentriebwerk wurde jedoch die neu entwickelte B21-Maschine, die es in verschiedenen Versionen als Vergaser- und Einspritz-Vierzylinder gab. Später kamen die größeren B23-Motoren hinzu, vor allem aber Turboversionen, die den geräumigen Volvo 245 vorübergehend zum schnellsten Kombi der Welt machten. 113 kW / 154 PS beschleunigten den Laderiesen mit Turbo-Benziner in 8,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100.

Volvo 245 DL (1975).

Volvo 245 DL (1975).

Dagegen startete der zweitürige Volvo 240 Turbo erfolgreich bei internationalen Tourenwagenrennen. Die beiden wichtigsten Titel gewann der Turbo im Jahr 1985: Die beiden Piloten Gianfranco Brancatelli und Thomas Lindström gewannen mit ihm die Europäische Tourenwagen Meisterschaft sowie mit Per Stureson die Fahrerwertung der Deutschen Tourenwagen Meisterschaft (DTM).

Volvo 242 L (1975).

Volvo 242 L (1975).

Deutlich früher als die Konkurrenz präsentierte Volvo auf dem Pariser Salon 1978 den ersten Sechs-Zylinder-Diesel-Motor für Limousinen und Kombis. Im großen Volvo 240 Kombi glänzte der kultivierte und in Kooperation mit VW entwickelte Selbstzünder mit einem DIN-Verbrauch von nur 6,9 Litern bei 90 km/h.

Volvo 262 C (1979).

Volvo 262 C (1979).

Bei den V6-Benzinern begann bei Volvo schon im Oktober 1974 eine neue Ära. Äußerlich differenzierten sich die exklusiv ausgestatteten Oberklasse-Modelle der 260er-Reihe vor allem durch den repräsentativen Kühlergrill vom 240. Unter der mächtigen Haube arbeitete ein gemeinsam mit Peugeot und Renault entwickelter 2,7-Liter-V6 mit anfangs 103 kW / 140 PS Leistung. Das Triebwerk machte den Volvo 265 zu einem der ersten europäischen Sechs-Zylinder-Kombis aufsteigen ließ. Dieses Aggregat fand auch Verwendung in einem extravaganten Coupé. 6622 Volvo 262 C baute die italienische Firma Bertone von 1977 bis 1981.

Volvo 264 GL (1977).

Volvo 264 GL (1977).

Bis zu 70 Zentimeter länger waren die Modelle Volvo 264 TE – eine luxuriöse Limousine – und 245T – ein extra großer Kombi für die Beförderung von Schulkindern. Als einer der wenigen Wagen aus westlicher Produktion schaffte es der Volvo 244 DLS in die DDR. Die auf 1000 Einheiten limitierte Sonderedition basierte auf dem 244 DL des Modelljahres 1978, jedoch mit der Front des Volvo 264. Innerhalb weniger Tage sollen die für 42 800 DDR-Mark angebotenen Fahrzeuge ausverkauft gewesen sein.

Volvo 264 TE (1975).

Volvo 264 TE (1975).

Einen Ruf als Sammlerauto mit Kultstatus erwarb sich der durch regelmäßige Modellpflegemaßnahmen aufgefrischte Volvo 240 schon lange vor seiner offiziellen Einstellung am 5. Mai 1993. An jenem Tag lief im Stammwerk Torslanda – zwischenzeitlich wurde der Volvo 240 auch in den Werken Kalmar (Schweden) und Gent (Belgien) gebaut – das letzte Fahrzeug vom Band. Im Rahmen einer kleiner Feier übergab der damalige Volvo-Boss Pehr Gyllenhammar den Schlüssel für den 240 Kombi an seine schwedische Besitzerin: „Wir bauten das sicherste Auto der Welt, ein Fahrzeug mit einem der besten Preis-Leistungs-Verhältnisse und ein Fahrzeug, das bereits heute eine lebende Legende ist und dies in den kommenden Jahren noch mehr sein wird.“

Volvo 265 GLE (1979).

Volvo 265 GLE (1979).

Tatsächlich steigen die Liebhaberpreise für gut erhaltene Volvo 240 längst an, wobei die Turbo-Modelle besonders begehrt sind. Die Teileversorgung ist weitgehend gesichert, zumal viele Teile noch über Volvo verfügbar sind und das Angebot neu produzierter Teile ständig ausgebaut wird.

Während der 19-jährigen Produktionszeit wurden 2 862 573 Einheiten der Baureihe, darunter 177 402 Volvo 260, gebaut – so viele wie von noch keinem anderen Modell der Schweden. Der Volvo 240 überlebte sogar seinen Nachfolger – den 1982 eingeführten Volvo 740 – um ein Jahr. (ampnet/jri) Fotos: Foto: Auto-Medienportal.Net/Volvo

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Die Seite "Im Rückspiegel: Volvo 240 – kantiger Schwede mit Kultstatus" wurde am 15. August 2014 veroeffentlicht und am 12. Juni 2015 zuletzt aktualisiert.